Politisch betrachtet, ein völlig ungewöhnlicher Vorgang: Da steht ein Mann im Parlament eines fremden Staates und bittet für sein eigenes Volk um Vergebung! Als Bundespräsident Johannes Rau heute vor fünf Jahren in der israelischen Knesset für eine solche Bitte Worte fand, war er sich darüber im Klaren, dass angesichts der Größe des deutschen Verbrechens an den Juden auch noch nach 60 Jahren viele Israelis nicht vergeben können. Gewiss, Judenverfolgung gibt es seit Jahrtausenden, und viele Nationen sind dabei schuldig geworden, insbesondere die christlichen Völker. Aber der sog. Holocaust, der systematische Völkermord, dem ca. sechs Millionen Juden unter grausamen Umständen zum Opfer fielen, wurde erst mit deutscher Perfektion erreicht. Kann man da Vergebung erwarten?
Dennoch folgte der Bundespräsident einem biblischen Grundsatz: Nur durch Schuldbekenntnis und Bitte um Vergebung können wir von Sünde frei werden. Nur wer sich vor Gott und damit oft auch vor Menschen schuldig weiß, kann vor Gott Vergebung erlangen, weil Jesus Christus, der Sohn Gottes, für uns an das Kreuz gegangen ist, um unsere Schuld an unserer Stelle zu sühnen. Dies im Glauben zu akzeptieren, ist für uns noch wichtiger als jede Vergebung von Menschen. Es ist zwar schön und gottgewollt, dass wir einander verzeihen, und Gott erwartet es auch von jedem Christen, denn wem von Gott vergeben ist, der darf nicht unversöhnlich sein. Auch viele Israelis sind bereit, die deutsche Schuld zu vergeben. Dem aber, der noch nicht vergeben kann, sollten wir um so mehr mit Liebe begegnen und für ihn beten, ein Verhalten, das Gott segnen will. Gerhard Jordy