Viele kennen »Nonni und Manni«, die beiden jungen Helden einer spannenden Abenteuerserie. Sie leben zusammen mit ihrer Mutter auf einem isländischen Bauernhof, während ihr Vater, ein Seemann, seit Jahren nicht mehr nach Hause gekommen ist. Da erhalten sie Besuch von Harald, einem Freund des Vaters, der ihnen mitteilt, dass dieser gestorben sei. Die Jungen mögen den Fremden bald gern leiden; aber vom Dorf wird er nicht angenommen. Ja, man verdächtigt ihn sogar des Mordes an einem reichen Bauern und hetzt die Polizei auf ihn. Die Jungen aber glauben an Haralds Unschuld und helfen, ihn zu verbergen. Als nach langen Demütigungen endlich Haralds Unschuld bewiesen wird, meint der Bürgermeister, es werde sicher noch Jahrzehnte dauern, bis der Tag kommt, an dem Harald ihm und dem Dorf vergeben könnte. Der aber antwortet: »Nein, dieser Tag ist heute!«
So schön die Geschichte aufhört, glauben kann ich sie nicht so recht; denn fast alle Menschen haben lange Zeit nötig, um schweres Unrecht »unter die Füße zu kriegen«, und der kleinste Anlass »reißt alte Wunden wieder auf«. Andererseits kann eine Beziehung nur geheilt werden, wenn man zum Vergeben bereit ist. Was kann man da machen? Unser Tagesspruch sagt, dass Gott nur denen vergibt, die selbst vergebungsbereit sind. Weil wir aber alle auf Gottes Gnade angewiesen sind, sollten wir auch alle zusehen, dass wir ebenfalls vergeben und »über unserem Zorn die Sonne nicht untergehen lassen«. Gottes Vergebung gilt nicht nur für diese Welt, sondern für die ganze lange Ewigkeit. Bedenken wir das, müsste es uns nicht zu schwer sein, unseren Mitmenschen ihre zeitlichen Vergehungen gegen uns zu verzeihen, und zwar gründlich und für immer.
Hermann Grabe