Meine Bekannte erlebt gerade eine schwierige Zeit, weil sie sich beruflich neu orientieren muss. »Haben Sie schon mal versucht, zu beten?«, fragte ich sie. »Nein«, antwortete sie, »ich komme aus der ehemaligen DDR und bin atheistisch geprägt. Als die beruflichen Schwierigkeiten auftraten, spürte ich, dass ich spirituell Hilfe brauchte. Seitdem mache ich Yoga. Dort lerne ich, in mich hineinzuhören und auf das zu achten, was mein Bauch will.« Als sie meinen irritierten Blick bemerkte, fügte sie erklärend hinzu: »In unserem Bauch sind mehr Nerven als in jedem anderen Körperteil. Der Bauch weiß mehr als das Gehirn und spürt, was gut für uns ist. Beim Yoga komme ich zur Ruhe und kann auf das hören, was mein Bauch mir sagt. Ich vermute, es ist ungefähr dasselbe wie beten. Zumindest läuft es auf dasselbe hinaus.«
Sind Auf-den-Bauch-Hören und Beten wirklich dasselbe? Das Bedürfnis nach »spiritueller Hilfe« mag gleich sein, aber der Ort, wo diese Hilfe gesucht wird, ist ein anderer. Beten heißt nicht, auf sein Bauchgefühl zu achten. Beten bedeutet, mit einem real existierenden Gott zu reden. Beter gestehen ein, dass sie Hilfe von ihm brauchen. Christen versuchen nicht, sich an ihren eigenen Haaren aus dem Sumpf zu ziehen. Vielmehr ergreifen sie die rettende Hand Gottes, die sich jedem Menschen entgegenstreckt.
Wenn es mir nicht gut geht, sind in mir nur Unruhe, Sorgen und ängstliches Grübeln. Deswegen wende ich mich an Gott und glaube daran, dass er in mein Leben eingreifen wird. Sein Reden höre ich vor allem dann, wenn ich in der Bibel lese. Ich bin so dankbar, dass ich nicht mit meinen Problemen und Gefühlen alleine bin. Mein Gott ist nicht mein eigener Bauch, sondern der Gott, der sich in der Bibel offenbart hat.
Elisabeth Weise