Der Schriftsteller George Orwell illustriert mit einer Kindheitserfahrung, dass man total auf seinen Trieb fixiert sein kann und an nichts anderes mehr zu denken vermag. Er schreibt: »Als ich Mr. Malcolm Muggeridges brillantes und deprimierendes Buch The Thirties (Die dreißiger Jahre) las, erinnerte ich mich an einen grausamen Scherz, den ich einst mit einer Wespe getrieben hatte. Sie leckte Marmelade von meinem Teller, und ich schnitt sie entzwei. Sie achtete gar nicht darauf, sondern fuhr einfach fort mit ihrem Mahl, während ein spärlicher Strom Marmelade aus ihrer abgetrennten Speiseröhre rann. Erst als sie dann zu fliegen versuchte, merkte sie, was mit ihr Schreckliches geschehen war. Genauso ergeht es dem modernen Menschen. Was weggeschnitten worden ist, ist seine Seele, und es gab eine Zeitspanne von ungefähr zwanzig Jahren, da hat er es gar nicht gemerkt.« (Aus: »Denken mit George Orwell«, Diogenes, S. 50)
Das Beispiel erschreckt, doch zeigt es, wie blind wir Menschen sein können, wenn wir nur darauf aus sind, unsere Triebe zu stillen. Aber warum setzen wir oft auf kurzfristigen »Genuss« und sind blind geworden für den Schaden, den wir uns und anderen zufügen? Und wo ist die Erfüllung zu finden, nach der wir Menschen uns ausstrecken und dabei immer wieder in Sackgassen geraten?
Denn so wie die Wespe, gefangen in ihrer Gier, den Verlust ihres Leibes nicht bemerkte, kann es auch uns passieren, dass wir so mit der Befriedigung unserer Bedürfnisse beschäftigt sind, dass wir Gott außer acht lassen. Es lohnt sich, Gott beim Wort zu nehmen und den Seelenhunger von ihm stillen zu lassen. Er wird nicht alle Wünsche erfüllen, aber er will uns erfülltes Leben schenken und uns von allem befreien, was dies verhindert.
Silvia Gußmann