Erleichtert klappt meine Nachhilfeschülerin ihr Englischbuch zu und zieht hastig ihr Smartphone aus der Hosentasche. Immerhin 90 Minuten hat die Elfjährige darauf verzichtet und hält es mir jetzt grinsend entgegen. »369 neue Nachrichten!«, verkündet sie stolz und ruft zum Beweis WhatsApp auf, wo uns Bilder, Smileys und Kurznachrichten entgegenquellen. Noch während das Mädchen den Raum verlässt, beginnt sie hektisch mit dem Beantworten. Sie ist damit nicht alleine, 450 Millionen Nutzer griffen 2014 auf diesen Nachrichtendienst zurück. Neben der mobilen Facebook-Version, dem auf dem Smartphone eingerichteten Maileingang und den aussterbenden SMS garantiert er, dass wir jederzeit, überall erreichbar sind. Raum für eine Pause, um über das wirklich Wichtige nachzudenken, bleibt dabei kaum.
Die Bibel zeigt uns in den vier Evangelien, dass Jesus bis aufs Äußerste in soziale Interaktionen eingebunden war. Menschen liefen ihm in Scharen nach, hofften auf Heilung, auf Antworten, Trost und Aufmerksamkeit. Sie lauerten ihm am Morgen auf und bedrängten ihn selbst in der Nacht mit ihren Anliegen und Forderungen, die weit über das häufige Dahinplätschern des Smalltalks unserer heutigen Nachrichtendienste hinausgingen. Doch selbst Jesus, der alle göttlichen Eigenschaften in sich vereint, suchte bewusst die Stille. Alleine zog er sich an einsame Orte zurück, um seinen wichtigsten Kontakt zu pflegen, den zu Gott, seinem Vater. Von diesen Gesprächen, den Gebeten zu seinem Vater, ließ er sich selbst durch seine engsten Begleiter nicht abhalten. Ihm war diese Zeit mit Gott sehr viel wichtiger als die uneingeschränkte Erreichbarkeit durch Freunde, Gegner und Interessierte.
Janina Porten