Es ist Sonntag. Wir sitzen wie immer im Gottesdienst. Ein Lied wird vorgeschlagen. Ich mag das Lied nicht besonders. Der Text ist gut, aber es ist so langatmig, und die Melodie gefällt mir nicht. Der das Lied ausgesucht hat, wünscht es sich oft, und ich muss zugeben, dass ich normalerweise innerlich mit den Augen rolle, wenn wir es singen. Aber heute ist alles anders. Heute muss ich beim Singen fast weinen.
Wir singen: »Du begegnest mir im Wort, Herr, ich kann Dich schauen. Du scheuchst alles Sorgen fort, erhebt mir das Haupt.« Du scheuchst alles Sorgen fort? Der das Lied vorgeschlagen hat, ist ein netter Mann um die 50 und hat einen Hirntumor. Wahrscheinlich wird er sterben. Täglich, seit über einem Monat muss er sich einer aggressiven Chemotherapie und Bestrahlung aussetzen. Ihm ist permanent übel, und es geht ihm einfach nur dreckig. Wie kann er dieses Lied singen? Ich weiß, es ist nicht das erste Mal, dass er in Not ist. Sicher, seine Situation jetzt ist lebensbedrohlich, aber dieser Mann kennt Gott schon länger, und er hat erlebt, dass Gott ihn schon durch viele Nöte durchgetragen hat. Gott ist für ihn ein Helfer, der sich längst bewährt hat. Deshalb weiß er, wohin mit seinen Ängsten und Schmerzen. Das nimmt den Krebs nicht weg und auch die Nebenwirkungen der Medikamente bleiben. Und doch spüre ich, dass er sich getragen weiß. Er kann singen: »Und so geh ich in den Tag ganz froh und bereitet. Was mir auch begegnen mag, ich bin nicht allein.«
Wissen Sie, was für mich das Wunderbare ist? Dieser Mann hat keine Geheimformel. Er glaubt einfach nur an einen großen Gott. Gott will sich auch bei Ihnen als Helfer bewähren. Sie müssen sich nur im Gebet an ihn wenden.
Anne Paschke