Karl Lagerfeld wurde der »Alleinherrscher der Modewelt« genannt. Frankreichs Presse nannte den gebürtigen Hamburger, der Paris zu seiner Wahlheimat gemacht hatte, »König der Maßlosigkeit« oder »Karl den Großen« in Anspielung auf den gleichnamigen Herrscher, der bis 814 König des Frankenreiches war, das unter ihm zu seiner größten Ausdehnung und Machtentfaltung gelangte. Heute vor einem Jahr ging auch die »Regierungszeit« von Karl Lagerfeld zu Ende.
Um seine Exzentrik machte der Mann mit Stehkragen, Mozartzopf und Sonnenbrille nie einen Hehl. So sagte er 2002 in einem Interview: »I’m very much down to earth. Just not this earth.« (»Ich stehe fest mit beiden Beinen auf der Erde, allerdings nicht auf dieser Erde.«) Er bezog sich dabei auf das Rückert-Lied von Gustav Mahler (1860-1911), in dem es heißt: »… der Welt abhandengekommen«.
Karl der Große (742-814) und Karl Lagerfeld (1933-2019) waren beide streitbare Geister. Extrem, mitunter auch extrem gegensätzlich. Karl der Große war bemüht, die Sachsen gewaltsam zu christianisieren (»Taufe oder Tod« hieß es damals), während Karl Lagerfeld zitiert wird: »Ich wünschte mir, all die Geschichten mit den Christen, Moslems, Juden würden aufhören, und wir könnten wieder zur griechischen Mythologie zurückkehren.« In diesen jeweiligen Bestrebungen oder Wünschen dürften beide »der Welt abhandengekommen« sein. Denn wirkliches Christsein kann man weder erzwingen, noch kann man es einfach so abschaffen. Ersteres, weil Jesus Christus nur Freiwillige folgen - aus Überzeugung. Und Letzteres, weil 2000 Jahre biblische Geschichte nun einmal das Gegenteil beweisen: Gottes Wirken in seiner Kirche oder Gemeinde hört nicht auf. Markus Wäsch