Haben Sie den obigen Bibelvers auch schon oft während eines Gottesdienstes gehört? Der Prediger will damit die Hörer daran erinnern, dass sie sich auf die Zusage des Herrn Jesus Christus verlassen sollen, jetzt mit dem in Gemeinschaft zu sein, der von sich sagte: »Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.« Etwas Größeres zu erleben ist schlichtweg unmöglich. Aber hatten Sie oder die ganze Gemeinde daraufhin eine Erfahrung, die auch nur annähernd dem entsprochen hätte, was man dann redlicherweise erwarten kann? Lief nicht alles im gewohnten Mittelmaß ab: Lieder, Gebete, Predigt, Segen, Schluß? Und schon vor der Ausgangstür handelten die meisten Gespräche von Allerweltsthemen wie Familienangelegenheiten, Verabredungen für den Nachmittag und ähnlichem.
Worüber reden wohl Leute, die Gelegenheit zu einer Privataudienz beim Papst hatten? Und die Gegenwart des Herrn Jesus Christus sollte uns dermaßen belanglos erscheinen, dass sie hinterher von uns keines Wortes mehr gewürdigt wird? Liegt nicht vielmehr der einigermaßen ärgerliche Schluss nahe, dass er gar nicht da war? Wir müssen uns dieser Frage stellen, wenn wir unser Christsein auch nur ein wenig ernst nehmen.
Ja, aber er hat es doch versprochen!?! Jawohl, er hat gesagt, er werde in der Mitte derer sein, die ausdrücklich zu dem Zweck zusammengekommen sind, um bei ihm zu sein, von ihm zu lernen und vor ihm ihre Dankbarkeit auszusprechen. Das mögen unter hundert eben nur zwei oder drei sein. Und die gehen tatsächlich mit dem Bewusstsein nach Hause: »Wir haben den Herrn gesehen!« Für sie ist der obige Bibelvers Gold wert; für alle anderen ist er nur Inflationsgeld.
Hermann Grabe