Voriges Jahr war in der Zeitung zu lesen, dass der Einsturz des Kölner Stadtarchivs nicht nur ein einzelner Vorfall war. An einer Kirche am Heumarkt und an einem großen Hotel im Zentrum der Stadt zeigten sich ebenfalls Risse, die immer ein bisschen größer wurden. Das versetzt die Fachleute in große Aufregung. An einer Stelle wurden sogar eiligst 400 Laster mit Beton geordert, um eine unmittelbare Gefahr abzuwenden. Die Bürger der Stadt merkten davon gar nichts, sie gingen ihren Beschäftigungen nach. Sie ahnten nicht, dass es im Untergrund der Stadt recht lebhaft zuging. Vielleicht waren die Betonmischer für einige ein Hinweis, dass etwas Besonderes im Gange sein musste, das aber verschwiegen wurde.
Ähnlich erging es wohl den Leuten in der Lausitz, die vor rund 50 Jahren, ab dem 13. August 1968, so viele Militärbewegungen im Grenzbereich zur Tschechoslowakei bemerkten. Was war da los? In den Medien war (noch) nichts zu vernehmen. Es war der inzwischen traurig-berühmte Einfall der Warschauer-Pakt-Staaten zur Sicherung der sowjetischen Herrschaft in der Tschechoslowakei. Der Prager Frühling hatte gezeigt, dass die politischen Fundamente der CSSR brüchig waren und ihr Einsturz drohte. Das versuchten die Sowjets zu verhindern, indem sie dort einmarschierten und einen Regierungswechsel erzwangen. Verglichen mit den Fundamenten der Stadt Köln aber war der Verfall der politischen Fundamente des ganzen kommunistischen Systems nicht mehr aufzuhalten. Der Untergang war nahe, nicht nur in der realen Politik, sondern auch als Ideologie.
Wer sein Leben auf ein falsches Fundament baut, wird irgendwann dessen Zusammenbruch mit weitreichenden Folgen erleben. Dem kann man nur vorbeugen, indem man in ein neues Haus, möglichst mit »ewigem« Fundament, umzieht. Karl-Otto Herhaus