Mancher Leser mag denken: »Ich bete zu keinem Gott, dann kann man mir aus diesem Gebot schon mal keinen Strick drehen.« Aber wäre dieses Gebot damit für uns schon erledigt? Ich meine, nicht. Alles, was wir tun, um unsere Wünsche zu befriedigen, ohne nach Gott zu fragen, und woran wir unser Herz hängen, sind solche Götter. Für sie sind wir sogar bereit, große Opfer zu bringen, oder anders herum, andere Menschen leiden zu lassen. All das wird hier als Götzenanbetung und als Götzendienst bezeichnet. Und all das erregt Gottes Zorn. Er bezeichnet sich in diesem Gebot sogar als eifersüchtig auf diese Götzen, denen sich Menschen zuwenden, um ihnen die Ehre zu geben, die nur Gott zusteht.
»Eifersüchtig sein ist aber doch nichts Gutes«, mögen manche denken. Nun, wenn Menschen eifersüchtig sind, richten sie fast immer großen Schaden an, weil ihre auf sich selbst konzentrierte Denkweise sie zu Taten treibt, die nichts als Elend produzieren. Gottes Eifersucht ist anders zu verstehen. Es geht um die absolute Wahrheit, dass Gott allein die Quelle von allem ist, sowohl im Himmel als auch auf der Erde oder unter der Erde. Darum, um dieser Wahrheit willen, kann und darf er nicht zulassen, dass wir jemandem etwas zuschreiben, was nur Gott allein zukommt. Würde er sich das gefallen lassen, entspräche das nicht seiner Wahrheit; denn was irgendjemand hat oder kann, wurde ihm in jedem Fall zuvor von Gott gegeben.
Das klingt vielleicht alles ein wenig schwierig oder theoretisch, ist aber von allergrößter praktischer Bedeutung; denn nur in Übereinstimmung mit Gott können wir auf die große Güte hoffen, die er denen verheißt, die seine Gebote halten.
Hermann Grabe