Da sagt mir jemand, dass Lügen ja wohl unter bestimmten Umständen erlaubt sei, denn Rahab habe ja auch gelogen. - Rahab versteckte die israelitischen Kundschafter und belog die Männer von Jericho. Und ganz offensichtlich hatte sie damit Erfolg. Stimmt es also doch, dass der Zweck die Mittel heiligt?
Rahab gehörte zu diesem Zeitpunkt nicht zum Volk Gottes. Sie verdiente sich ihr Geld als Hure. Sie wusste nicht, was Gott will, war aber auf der Suche nach ihm. Denn sie hatte davon gehört, wie Gott den Israeliten geholfen hatte. Sie bekannte vor den Kundschaftern: »Euer Gott ist Gott oben im Himmel und unten auf der Erde.« Gott gab dieser Frau eine Chance. Sie überlebte die Eroberung Jerichos. Sie fing ein neues Leben an, wurde ins Volk Gottes integriert, heiratete Salmon und wurde die Mutter von Boas, dem Großvater von König David. Im Neuen Testament wird ihr Glaube gerühmt.
Die Bibel zeigt also ihren Glauben, aber gleichzeitig auch ihre Schwächen. Denn zweifellos hätte Gott die Kundschafter ohne Rahabs Lüge bewahren können. Lügen ist in den Augen Gottes immer falsch. Gott sagt unmissverständlich: »Ihr sollt nicht lügen« (3. Mose 19,11). »Legt die Lüge ab und redet Wahrheit« (Epheser 4,25). Wer lügt, handelt gegen Gottes Gebot. Da heute die meisten bereit sind zu lügen, wenn es um ihren eigenen Vorteil geht, wird Lügen »normal«. Das hat fatale Folgen. Denn wo gelogen wird, macht sich Misstrauen breit. Ein gutes Miteinander wird unmöglich. Nicht der Zweck heiligt die Mittel, sondern die Mittel müssen heilig sein und dem Wesen Gottes entsprechen. Dann wird Gott geehrt und ein gutes Miteinander gefördert. Hartmut Jaeger