Mit Liederbüchern unterm Arm, Gitarre und zwanzig Jugendlichen fuhren wir zum Klinikum Dillenburg. Unser Mitarbeiterteam der Osterfreizeit hatte sich überlegt, wie die Jugendlichen in der einen gemeinsamen Woche einen praktischen Dienst für andere tun könnten. Durch einige Telefonate und E-Mails bekamen wir grünes Licht, den Patienten auf den verschiedenen Stationen einige Lieder zu singen und ein kleines Ostergeschenk zu übergeben. Natürlich waren wir alle aufgeregt und würden dies allein niemals machen. Zusammengedrängt und schüchtern stellten wir uns auf dem ersten Stationsflur hin und begannen mit dem ersten Lied, während vier Jugendliche an die Patientenzimmer klopften und die kleinen Geschenke überbrachten. Nach drei Liedern wollten wir uns eigentlich zur nächsten Station aufmachen. Doch einer der jungen Leute bat mich, in eines der Patientenzimmer zu gehen. Als ich ins Zimmer kam, lag vor mir im Bett eine Frau, dünn und schwach, doch strahlte ihr Gesicht eine unglaubliche Freude aus. Sie bat mich mit zittriger Stimme, ob wir nicht alle in ihr Zimmer kommen und ihr das Lied »Allein deine Gnade genügt« singen könnten. Als wir alle um das Krankenbett gedrängt standen und anfingen, das Lied zu singen, stimmte die Frau mit geschlossenen Augen und einem Lächeln auf den Lippen mit ein.
Bei dem Anblick schossen mir die Tränen in die Augen, denn wir sahen, dass sie fest an diese Worte glaubte. Auch wenn ihr Leben hier auf der Erde wohl bald vorbei war, Gottes Gnade für sie war genug – genug, um sich auf das Leben danach zu freuen. Die Vorfreude, die wir alle am Krankenbett miterleben durften, zeigte uns, dass die Gnade Gottes Krankheit und Leid in Hoffnung und Freude verwandeln kann.
Tony Keller