Glückselig das Volk, dessen Gott der Herr ist!
Psalm 144,15
Die sogenannten goldenen Zwanziger Jahre (1920-1930) begannen vor nun über 100 Jahren. Werfen wir kurz einen Blick auf die Menschen, die damals lebten. Es waren vor allem Überlebende des Ersten Weltkriegs. Er war der bis dahin verlustreichste Konflikt der Geschichte. Die Zahl der körperlich Invaliden und seelisch Zerrütteten war unübersehbar. Eine zweite Katastrophe kam hinzu: Zwischen 1918 und 1920 wütete die Spanische Grippe und forderte weltweit etwa 50 Millionen Tote. Seit der Pest im 14. Jahrhundert hatte es eine Seuche von solcher Tödlichkeit nicht mehr gegeben. Nach dem Ende der Monarchie in mehreren Ländern gab es Attentate, politische Unruhen und den totalen Zusammenbruch des Währungssystems.
Doch später erholte sich die Wirtschaft. Und besonders Berlin wurde eine Metropole mit einer rasanten Bautätigkeit; es gab U-Bahnen, Lichtreklamen und viel Vergnügen. Klaus Mann, selbst ein Zwanziger, schrieb über die damalige Generation: »Unser bewusstes Leben begann in einer Zeit beklemmender Ungewissheit. Da um uns herum alles barst und schwankte, woran hätten wir uns halten, nach welchem Gesetz uns orientieren sollen? Die Zivilisation ... in den zwanziger Jahren ..., schien ohne Balance, ohne Ziel, ohne Lebenswillen, reif zum Ruin, bereit zum Untergang.«
Hüten wir uns davor, über die Menschen damals zu richten. Die Frage ist: Wie hätten wir damals gelebt? Worauf hätten wir unsere Hoffnung gesetzt? Was wären unsere Ziele gewesen? Der Tagesvers zeigt, worauf man persönlich seine Hoffnung setzen sollte: auf Gott. Wäre das damals in Reue und Buße über den Irrtum des Weltkrieges und der falschen Lebensweise geschehen, wäre uns die noch größere Katastrophe des Zweiten Weltkrieges vielleicht erspart geblieben.
Martin Reitz