Katja freute sich auf einen gemütlichen Einkaufsbummel am nächsten Samstag. Das Wetter versprach, schön zu werden, und so ging es los. In der Fußgängerzone sah sie schon von Weitem eine kleinere Menschenansammlung. Beim Näherkommen wurde sie angesprochen: »Guten Morgen! Ich hätte eine kleine Frage an Sie: Wie halten Sie es mit Gott?« Katja war sprachlos. So etwas war ihr noch nie passiert. Schlagfertig, wie sie war, antwortete sie: »Ich kann diese Frage nicht beantworten, weil ich Gott nicht kenne. Ich bin mir nicht sicher, ob es ihn überhaupt gibt.«
Gott spielt in unserem Alltag kaum mehr eine Rolle. Kirchgänge sind auf Weihnachten und Ostern reduziert worden, ein Dankgebet vor dem Essen gibt es kaum noch. Wenn es große Krisen gibt, bemüht man vielleicht noch einen Lückenfüller-Gott; aber bitte, sonst hat doch die Wissenschaft »bewiesen«, dass fast alles auf dem Zufallsprinzip beruht. Warum kommt uns so häufig Gott dann in den Sinn, wenn es große Probleme, Ungerechtigkeiten, Kriege und Katastrophen gibt, und warum wird Gott dann in der Regel auf die Anklagebank gesetzt? Warum spielt Gott so gut wie nie eine Rolle, wenn unser Leben prima verläuft?
Wie fühlen sich Eltern, deren Kinder immer nur dann mit ihren Eltern sprechen, wenn sie Geld brauchen, Anträge ausgefüllt und Probleme gelöst werden müssen, aber sonst nur mit ihren Kumpels unterwegs sind und jeden Kontakt zu den Eltern meiden? Und wenn sie dann mal zu Hause sind, reagieren sie mürrisch auf die Freundlichkeiten der Eltern. Wir wären klug beraten, unsere Haltung Gott gegenüber zu überdenken. Es könnte sein, dass Gott sein Herz verschlossen hat, weil wir immer nur mit Anklagen, nie aber mit Dank zu ihm kommen. Waltraud Baumann