Eine arme Bergbäuerin aus dem Osten kam zum Arzt, weil sie etwas gegen ihre hartnäckige Erkältung haben wollte. Dabei erzählte sie aus ihrer Geschichte: Wie ihr Dorf von den russischen Soldaten überfallen wurde, hatten die Bewohner die grausamsten Scheußlichkeiten zu erdulden. Die Frauen wurden auf schrecklichste Weise geschändet und viele Männer umgebracht. Man hat sogar Menschen aus 40 Meter Höhe aus dem Hubschrauber geworfen, um zu sehen, wie sie beim Aufschlag auf die Erde auseinanderplatzten. Die überlebenden Männer waren innerlich so verwundet, dass sie sich hinterher dauernd betranken und ihre Frauen weiterhin in ähnlicher Weise misshandelten.
Nach der Bäuerin kam eine elegante Dame herein, der man ansah, dass es ihr gut gehen musste. Sie erzählte, ihr Mann habe eine angesehene, gut dotierte Stellung, ihre Kinder seien ausgezeichnet geraten und absolvierten die Schule mit Bravour.
Welche von beiden beklagte sich wohl, sie sei am Ende mit ihren Nerven, sie sehe keinen Sinn mehr im Leben und brauche nötig etwas gegen ihre starken Depressionen?
Nun, wer diesen Kalender kennt, wird natürlich auf die zweite tippen, so unwahrscheinlich das auch aussieht. Und damit hätte er Recht; denn die alte Bäuerin lebte in innerem Frieden mit Gott.
Wir sehen an diesem Beispiel, dass Zufriedenheit und innere Ruhe völlig unabhängig von den äußerlichen Umständen sein können. Wir sollten uns bei unseren meist kleinen Wehwehchen also nicht in Selbstmitleid ergehen, sondern unser Verhältnis zu dem Gott hinterfragen, der versprochen hat, auch in den Fluten tiefsten Elends bei uns zu sein, dass sie uns nicht überwältigen.
Hermann Grabe