Heute vor zwei Jahren (26.8.2006) verstarb Rainer Barzel. Er war viele Jahre lang in einer wichtigen Phase unseres Landes in der großen Politik tätig. Freunde wie Feinde anerkannten seinen wachen Verstand. Gegner fürchteten seine scharfe Zunge. Er war nicht der Typ des Volkstribuns, eher der Prototyp eines distanzierten Vordenkers, eines politischen Ideologen. Mir sind seine harten Auseinandersetzungen mit Helmut Schmidt und Herbert Wehner in Erinnerung geblieben. Sein Redestil war stets brillant und sachbezogen, selten verletzend.
Jedoch - was geht Ihnen und mir als Erstes, vielleicht Einziges durch den Kopf, wenn ich nach dem Ergebnis seines politischen Wirkens gefragt werde? Natürlich sein versuchter und gescheiterter Kanzlersturz! Am 27.4.1972 hatte die CDU/CSU-Fraktion unter seiner Führung durch ein sogenanntes konstruktives Misstrauensvotum Kanzler Willy Brandt stürzen und Rainer Barzel in dieses Amt bringen wollen. Welche Tragik! Welche Narbe für sein Ansehen!
Woran wird man denken, wenn Sie einmal zu Grabe getragen werden? Vermutlich leider nicht an Ihre genialen Weichenstellungen in der Firma, ihren Vorsitz im Ehrenamt oder Ihre vorbildlichen Entscheidungen in der Erziehung Ihrer Kinder. Nein, man wird Sie zwar äußerlich loben, leider aber innerlich an Ihre zweimal versiebte Fahrprüfung denken und insgeheim lachen oder man erinnert sich an den Seitensprung beim Betriebsausflug. Oder an die lautstarke, völlig unangemessene Auseinandersetzung mit den fußballspielenden Kindern vor Ihrem Haus.
Ihre Erfolge werden niemals ausreichen, Ihr Versagen vor Gott und Menschen aufzuwiegen. Klaus Spieker