»Die Stunde der Abrechnung ist da«, triumphierte hasserfüllt der französische Ministerpräsident Clemenceau am 28. April 1919, als die deutsche Delegation endlich auf der Friedenskonferenz von Versailles vorgelassen wurde, nachdem sich die Siegermächte des Ersten Weltkrieges nach wochenlangen Verhandlungen über die Deutschland aufzuerlegenden Friedensbedingungen geeinigt hatten. Die Deutschen hatten nur den 300 Seiten starken Band der Bedingungen entgegenzunehmen; sie konnten annehmen oder ablehnen, wobei die Ablehnung noch katastrophalere Folgen gehabt hätte als die Annahme. So unterschrieb man zähneknirschend zwei Monate später, am 28. Juni vor 85 Jahren, das »Schanddiktat«, wie der Versailler Friedensvertrag fortan von vielen Deutschen genannt wurde. Wirklich, wenn »der Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln« ist, so war dieser »Friedens«vertrag die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln. Man wollte nach dem Wort eines französischen Politikers »Deutschland wie eine Zitrone auspressen, bis die Kerne krachen«. Das Ergebnis war nicht Frieden, sondern Not und Hass, und Leute wie Hitler hatten leichtes Spiel, die Welt in einen Rachekrieg zu stürzen.
Wie schwer fällt es dem Menschen, aus echter Versöhnungsbereitschaft Frieden zu schließen! Der Drang nach Rache ist meist übermächtig. Gott dagegen ist zu bedingungsloser Versöhnung bereit. In seinem Sohn Jesus Christus nimmt er selbst die Bestrafung des Sünders auf sich und schließt mit uns den wichtigsten Frieden, den ein Mensch überhaupt haben kann: den Frieden mit Gott. Und der reicht bis in alle Ewigkeit. Gerhard Jordy