Eine unwirkliche Szene: 1943 – eines kleines, eher mickriges Männchen mit einem zugegebenermaßen großen Mundwerk röhrt diese Frage mit überschlagender Stimme in den vollbesetzten Berliner Sportpalast und Tausende – ganz im Banne dieses Redners – antworten mit donnernden Ja-Rufen! Reden konnte er, der Minister für Volksaufklärung (!) Josef Goebbels. Er war das Sprachrohr des »Führers«, ein Meister der Lüge und Verführung. Seine Klugheit beeindruckte, seine Wortgewalt lenkte die Massen. Worte sind eben nicht Schall und Rauch, sondern sie können verführen und einen Flächenbrand der Bosheit auslösen.
Manch einer meint, gegen die Gewalt der verführenden Worte gefeit zu sein. Ich wäre mir da nicht so sicher. Wenn ich nur daran denke, wie viele Worte zu mir gelangen und wie vieles ich ungeprüft nachplappere. Wenn ich überlege, wie sich meine Meinungen bilden, welche Parolen ich kritiklos übernehme und aus welchen Quellen meine Wertvorstellungen gespeist werden. Kann ich das immer nachvollziehen? Und habe ich eigentlich überlegt, ob es überhaupt stimmt, was ich so höre? Ganz abgesehen davon, dass Reden meist Silber, Schweigen aber Gold ist.
Ich denke auch an die Kriege im Kleinen: zwischen Nachbarn und Kollegen. Beginnen sie nicht mit Worten? Werden sie nicht in Gang gehalten durch die schnellen und verletzenden Worte? Die Bibel schätzt die zerstörerische »Wort-Gewalt« richtig ein. Unser Tagesvers entspricht durchaus unserer Erfahrung. Die Frage ist: Wo sind die guten, die helfenden, heilenden und tröstenden Worte, die meine Umgebung braucht? Spreche ich sie aus? Günter Dürr