Wishbone und Drumstick müssten an sich schon seit einem Jahr tot sein. Denn sie sind Truthähne. 2018 wurden sie zum Thanksgiving Day als Geschenk des Truthahnverbandes an das Weiße Haus gesandt. Und der Truthahn ist nun einmal der wichtigste Bestandteil des traditionellen Festessens, das beim amerikanischen Erntedankfest verspeist wird. Doch diese beiden Exemplare hatten Glück. Während viele Millionen ihrer Artgenossen im Backofen endeten, kamen sie in den Genuss eines präsidialen Rettungsaktes, den John F. Kennedy erstmals 1963 umsetzte: Er begnadigte »seinen« Truthahn. Seitdem haben viele seiner Amtsnachfolger, zuletzt Donald Trump, diese Tradition fortgeführt. Und anstatt 2018 getötet zu werden, dürfen Wishbone und Drumstick heute noch auf einer Farm in Virginia weiterleben.
Diese Tradition, die mit dem Begnadigungsrecht des US-Präsidenten spielt, mag etwas skurril sein. Aber sie verdeutlicht eine Sache: Für einen Todgeweihten, der in den Genuss einer Begnadigung von höchster Stelle kommt, hat dies ganz konkrete, reale Auswirkungen: Leben statt Tod.
Unsere menschliche Existenz hat - auch wenn wir nicht mit Truthähnen zu vergleichen sind - eine ähnliche Unausweichlichkeit: den Tod. Ihm kann niemand entgehen. Damit geschieht uns durchaus recht. Denn der Tod ist nach der Bibel der gerechte Lohn für Sünde. Und da jeder Mensch in Gedanken, Worten oder Taten Dinge tut, die Gott nicht gutheißen kann, ist jeder Mensch ein todgeweihter Sünder - es sei denn, er wird von höchster Stelle begnadigt. Wer sich der Gnade Gottes bedingungslos unterwirft, kommt in den Genuss eines Privilegs, das weit über jede diesseitige Perspektive hinausgeht: ewiges Leben. Markus Majonica