In manchen Synagogen hängt ein Reifen waagerecht unter der Decke, an den die Besucher früher ihre Öllampen hängten, die ihnen im Dunkeln den Weg erleuchtet hatten. Jede Lampe war nur klein, aber alle zusammen machten sie den Raum hell.
So sollten sich Christen durch das Licht des Evangeliums auf ihren Wegen leiten lassen. Kommen sie dann zusammen, kann jeder berichten, was er in der Woche mit Gott erlebt hat. Das macht das Beisammensein nicht nur hell, sondern ist auch hilfreich für alle.
Wären nun den Juden alle Öllampen ausgegangen, hätten sie beim Gottesdienst im Dunklen sitzen müssen. Und wenn Christen im Alltag gar nichts mit Gott erlebt haben, weil sie ihn nicht auf der Rechnung hatten, wie »dunkel« ist es dann, wenn sie zusammenkommen! »Mir bringt der Gottesdienst nichts mehr«, heißt es dann, »das hat hier nichts mit dem wirklichen Leben zu tun«, oder man schaut alle Augenblicke gähnend auf die Uhr.
Das vermeintliche Heilmittel heißt jetzt überall »Gottesdienstgestaltung«. In Wirklichkeit ist es ein bunter Anstrich, unter dem sich oft tiefe Dunkelheit verbirgt. Da heißt es: »Weg mit der Orgel und her mit Schlagzeug und E-Gitarre, weg mit der langen Predigt und dafür ein packendes Anspiel.« Möglichst sollen auch die Zuhörer in das Geschehen mit einbezogen werden usw., usw. Manches mag ja gar nicht so schlecht sein – die Geschmäcker ändern sich halt –, aber alles wird grottenschlecht, wenn damit überdeckt werden muss, dass es eigentlich stockfinster ist, weil kaum einer in wirklich lebendiger Verbindung zu dem Herrn Jesus Christus steht. Er ist das Licht der Welt und kann es deshalb auch bei uns hell werden lassen.
Hermann Grabe