»Danke, das ist nichts für mich«, sagt die perfekt gestylte Dame und stöckelt davon. Der alte Herr, der vorbeitrottet, hat nur ein unverständliches Brummen und eine wegwerfende Handbewegung für mich. Der Nächste, ein stattlicher Mann mit Kinnbart, ist ein alter Bekannter. Er kreuzt regelmäßig bei uns auf und möchte nur diskutieren. Er ist gebildet und beredt, weiß alles besser und ist dabei so glatt wie ein Stück Seife im Wasser - einfach nicht zu fassen.
Missionarischer Einsatz in der Fußgängerzone. Die Menschen schlendern, bummeln, hasten, rennen ... Man steht etwas verloren am Bücherstand und hat schon frühmorgens das Gefühl, dass es kein besonders guter Tag werden wird. Da, das Pärchen, die werden doch ... Aber da fassen sie sich auch schon fester an den Händen und schwenken ab, er ihr etwas erklärend, sie kichernd. Tja, die sind sich selbst genug. Was kann man glücklichen Menschen schon bieten?
Ein richtiges Dorado für Verhaltensstudien ist so ein Jahrmarkt der Eitelkeiten. Wie wird sich der junge Mann dort verhalten, wenn er näherkommt? Er wirkt recht weltoffen; doch als er mich mit meinen Blättern sieht, verengt sich sein Blick. Mit einer Art Körpertäuschung stellt er mich aufs falsche Bein, und wie ein düpierter Abwehrspieler habe ich das Nachsehen. Reingrätschen darf man leider nicht.
Warum sind Menschen nur so grausam gegen sich selbst? Man ist ein Leben lang hinter Dingen her, die den Durst der Seele niemals stillen können. Dabei hält man sich konsequent und trickreich das Beste, was man kriegen kann, vom Leibe: Vergebung der Sünden, Gemeinschaft mit Gott, ewiges Leben ... Unser Tagesvers lässt uns wissen, warum. Johann Fay