Am 29. Juli 1890 setzte der Maler Vincent van Gogh seinem ihm durch körperliche und seelische Leiden unerträglich gewordenen Leben ein gewaltsames Ende. Niemand würde heute noch an ihn denken, wenn er nicht der berühmte Vorläufer der expressionistischen Malerei gewesen wäre. Allerdings konnte er das nicht ahnen; denn zu Lebzeiten verkaufte er nur ein einziges Bild. Heute sind die meisten seiner über 800 Gemälde unbezahlbar.
Auch heute laufen viele Menschen genauso unruhig und geplagt wie van Gogh durchs Leben und suchen nach dem Sinn ihres Daseins. Viele von ihnen versuchen, sich – wie er – durch Selbstkasteiung und Verzicht von ihren Depressionen zu befreien. Van Gogh diente zum Beispiel den armen Landarbeitern seiner Heimat als Wanderprediger. Aber auch das verschaffte ihm keine Seelenruhe.
Weil wir wissen, dass manche seelischen Erkrankungen trotz menschlicher Bemühungen genauso unheilbar sind wie manche körperlichen, sollten wir uns im konkreten Einzelfall jeglichen Urteils enthalten. Wir dürfen aber darauf hinweisen, dass Gott alle Mängel ausfüllen und alle Schäden heilen kann. Auf die Frage ungläubiger Zeitgenossen: »Warum tut er es dann so oft nicht?«, können wir höchstens antworten, dass alles Elend dieser Welt nicht seinen Zweck erfüllen würde, wenn wir ein Patentrezept in der Hand hätten, mit dem wir Symptome heilen könnten, aber die Ursache unberührt ließen. Und die Ursache ist das durch die Sünde in die Welt gekommene Verderben. So bleibt uns nichts übrig, als immer nur auf das Heil hinzuweisen, das Gott uns Armen in seinem Sohn gegeben hat. Dieses Heil aber ist so groß, dass es all unser Versagen und unser Elend für ewig beseitigen kann.
Hermann Grabe