Vor einiger Zeit schickte eine Kollegin ein Mail an alle Mitarbeiter der Abteilung. Ein deutsches Unternehmen gab Bewerbern im Rahmen eines Eignungstests offenbar folgende Aufgabe: Ein kleiner englischer Text musste gelesen werden und dabei das Wörtchen »of« gezählt werden.
Im Nu begann jeder in der Abteilung den Text sorgfältigst durchzulesen. Die meisten hatten es zweimal gefunden, ich auch. Doch zwei hatten es dreimal gefunden, einer viermal. Tatsächlich kam es jedoch sechsmal vor! Sobald man mit einem Stift die Zeilen entlang fuhr und markierte, konnte man sich unschwer davon überzeugen. Abgesehen davon, dass wir nicht für’s Rätsellösen, sondern für unsere Arbeit bezahlt werden, wurde mir dabei doch einiges klar.
Wir übersehen leicht die geringen Dinge und auch die kleinen Leute. Dem Vorstandsvorsitzenden gegenüber sind wir deutlich zuvorkommender als dem Pförtner. Oft denken wir, Gott sei genauso wie wir. Wir meinen, er übersieht, was auf der Erde geschieht, all das Leid, all das Unrecht, das auf der Welt getan wird. Ja, er hält still, aber er übersieht nichts. Er nimmt das Verhalten eines Volkes wahr, auch eines Betriebes in seiner Gesamtheit. Zugleich wacht er aber auch über dem Einzelnen und bemerkt wie wir uns verhalten. Wie gut, dass Gott uns nicht mit der gleichen Münze heimzahlt, wie wir mit anderen Menschen umgehen! Wie gut, dass er sich unser erbarmt, unsere Schuld vergibt und unsere Sünden in die Tiefen des Meeres wirft (Micha 7,9). Das tut er allerdings nicht einfach so, sondern weil Gottes Sohn, Jesus Christus, die Strafe für unser Fehlverhalten getragen hat. Dazu gehören auch die Demütigungen, die wir, möglicherweise unbewusst, anderen zugefügt haben, und das Rätsellösen während der Arbeit.
Gerhard Kimmich